Forschung und Entwicklung

Strategische Ausrichtung von Forschung und Entwicklung

Die Ausrichtung von Forschung und Entwicklung (F&E) ist eine Konsequenz aus der Strategie 2020. Die KION Group verfolgt das vorrangige Ziel, den Kundennutzen in allen Preissegmenten und Absatzregionen zu steigern und durch den konsequenten Einsatz von Modul- und Plattformstrategien eine hohe Qualität und Produktleistung zu einem wettbewerbsfähigen Preis anbieten zu können. F&E wird dabei kosteneffizient gestaltet, Komplexität und Vielfalt der Produkte werden reduziert und die Entwicklungszeiten für neue Produkte verkürzt. Im Kern ist die F&E marken- und regionenübergreifend ausgerichtet und sichert damit den konzernweiten Austausch von Forschungsergebnissen und technologischem Know-how. Daneben erarbeiten spezialisierte Produktentwicklungsteams für die einzelnen Konzernmarken und Regionen kundenspezifische Lösungen.

Im Segment Industrial Trucks & Services liegt der Fokus im Premiumsegment unverändert auf den Gesamtkosten, die dem Kunden durch die Nutzung des Produktes entstehen (Total Cost of Ownership, TCO). Dabei gilt es, diese Kosten einschließlich Anschaffungs-, Wartungs- und Reparaturkosten sowie Energieverbrauch im Einklang mit umweltpolitischen Zielen und regulatorischen Anforderungen zu minimieren, um hocheffiziente und wettbewerbsfähige Produkte zu schaffen. Für das Volumen- und Economy-Segment etabliert die KION Group markenübergreifend gemeinsame, kosteneffiziente Plattformen, die eine kostengünstige Produktion bei starker regionaler Ausdifferenzierung der Flurförderzeuge ermöglichen. Dabei spielt vor allem der Entwicklungsstandort im südchinesischen Xiamen eine entscheidende Rolle.

Das Segment Supply Chain Solutions legt den Fokus zum einen auf die Weiterentwicklung seiner zentralen Software-Lösung Dematic iQ. Dabei geht es sowohl um die Optimierung des Standardpakets als auch um kunden- und regionenspezifische Anpassungen. Zum anderen werden die manuellen und automatisierten Materialfluss-Lösungen einschließlich der Komponenten laufend fortentwickelt, um noch schnellere Prozesse, eine nahtlose Verzahnung aller Produktions- und Logistikschritte und noch mehr Leistung auf unveränderter Fläche zu ermöglichen.

Segment-, marken- und regionenübergreifend stärkt die KION Group die Wettbewerbsfähigkeit ihrer operativen Einheiten durch die Zusammenführung der technischen Funktionen Forschung und Entwicklung, Einkauf, Qualität und Produktionssystem in der neuen CTO-Organisation. Durch einheitliche Standards und die globale Koordination der technischen Aktivitäten sollen künftig mehr Produktvarianten mit weniger Aufwand und kürzeren Entwicklungsprozessen angeboten werden.

Wesentliche F&E-Kennzahlen

Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung summierten sich im Geschäftsjahr 2016 auf 147,1 Mio. € (Vorjahr: 130,5 Mio. €), was 2,6 Prozent der Umsatzerlöse entspricht. Die F&E-Gesamtausgaben schließen 50,6 Mio. € aktivierte Entwicklungskosten (Vorjahr: 40,9 Mio. €) mit ein. Diesen standen Abschreibungen in Höhe von 57,0 Mio. € (Vorjahr: 53,3 Mio. €) gegenüber (siehe Konzernanhang, Textziffer [17]).

Die Zahl der Vollzeitstellen in den F&E-Arbeitsbereichen hat sich um 39,8 Prozent auf 1.477 erhöht. 451 F&E-Mitarbeiter sind durch die Übernahmen von Dematic und Retrotech hinzugekommen. > TABELLE 036

Forschung und Entwicklung (F&E)

036

in Mio. €

2016

2015

Verän­derung

Forschungs- und Entwicklungskosten (GuV)

96,5

89,7

7,6 %

Aktivierung von Entwicklungskosten

50,6

40,9

23,7 %

F&E-Gesamtausgaben

147,1

130,5

12,7 %

F&E-Anteil am Umsatz

2,6 %

2,6 %

Die KION Group schützt ihre Produktentwicklungen umfassend vor Nachahmung und verfolgt eine spezifische Patentstrategie. Im Jahr 2016 wurden von den KION Gesellschaften, inklusive Dematic, insgesamt 93 Patente angemeldet (Vorjahr: 70). Die Unternehmen der KION Group verfügten am Jahresende 2016 über insgesamt 2.689 (Ende 2015: 1.641) Patentanmeldungen und erteilte Patente. Der markante Anstieg ist in erster Linie auf die erstmalige Einbeziehung von Dematic zurückzuführen.

F&E-Schwerpunkte im Geschäftsjahr 2016

Automatisierung und Vernetzung

Mit dem Erwerb von Dematic, Egemin und Retrotech bietet die KION Group das gesamte Spektrum an Lösungen für die Intralogistik 4.0. Das beginnt bei intelligenten Flurförderzeugen und Flottenmanagementlösungen (Segment Industrial Trucks & Services) und reicht bis zu vollintegrierten automatisierten Intralogistiksystemen (Segment Supply Chain Solutions), in die autonome Stapler als Komponenten eingebunden werden können. Zudem hat die KION Group ihre CTO-Organisation durch die R&D-Mannschaften von Dematic und Egemin verstärkt und so die Weichen für den Erfolg in der digitalen Zukunft gestellt, aufbauend auf einer Reihe von Produktinnovationen im Bereich Industrial Trucks & Services und Supply Chain Solutions.

Industrial Trucks & Services

2016 brachte STILL mit dem iGo neo CX 20 den ersten autonomen Kommissionierer auf den Markt. Das Fahrzeug interagiert mit dem Bediener und folgt diesem während des Kommissionierens autonom. Es sorgt für eine Zeitersparnis von bis zu 30 Prozent bei höherer Pickleistung, da das Auf- und Absteigen vom Fahrzeug unnötig wird. Mit dem Routenzugsystem LiftRunner hat STILL überdies eine automatisierte Lösung für den staplerlosen innerbetrieblichen Materialtransport vorgestellt.

Linde Material Handling ergänzte seine innovative Robotik-Baureihe Linde-MATIC um weitere Modelle. Mittelfristig verfolgt Linde das Ziel, für alle wichtigen Produktbaureihen eine automatisierte Version im Programm zu haben.

Daneben entwickelten die KION Premiummarken ihre Flottenmanagementlösungen weiter. STILL führte die neue Software neXXt fleet ein, die Datensätze aus verschiedenen Anwendungen und Bereichen intelligent zusammenführt, sodass der Kunde seine Flotte präzise und umfassend analysieren kann. Das Tool besteht aus einer Vielzahl von Webanwendungen (Apps), die sich einfach und bequem von überall abrufen lassen. STILL neXXt fleet ersetzt dabei mittelfristig die Anwendungen STILLReport und STILL FleetManager.

LMH erweiterte sein Flottenmanagementsystem connect: um die App pre-op check. Die vor jedem Einsatz erforderliche Prüfung des Staplers entsprechend den Richtlinien der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung kann nun sehr einfach mit dem Smartphone oder Tablet ausgeführt werden. Außerdem wurde eine neue Lokalisierungstechnologie entwickelt, die den Standort von Fahrzeugen oder Transportbehältern in Echtzeit und zentimetergenau erfasst. Im Bereich Service testete LMH eine Mobile-Service-Manager-App, die Anfragen direkt mit dem QR-Code des Fahrzeugs und einem Foto der Fehlfunktion an die Serviceorganisation von LMH sendet.

Supply Chain Solutions

Dematic hat zum einen seine Multishuttle-Lagersysteme weiterentwickelt. Das flexibel skalierbare Dematic Multishuttle 2 kann die Geschwindigkeit, die Genauigkeit und den Durchsatz in Lagerhallen, Fabriken oder Distributionszentren signifikant erhöhen. Die ergonomisch optimierte Hochleistungskommissionierstation RapidPick ermöglicht mit ihrem revolutionären Zuführsystem und dem vollautomatischen Andienen der Behälter Leistungen von 1.000 Orderlines bzw. 1.400 Picks pro Stunde. Ein neu eingeführtes modulares Sortiersystem verbessert die Performance für zahlreiche Anwendungen in Produktion und Distribution. Das weiterentwickelte RapidStore UL 1200-1 für die Automatisierung von Palettenlagern wurde speziell für die Umrüstung von bislang manuellen Prozessen unter erschwerten Gebäudebedingungen entwickelt.

Zum anderen wurden die fahrerlosen Transportsysteme (FTS) von Dematic einer Komplettüberarbeitung unterzogen: In den vergangenen drei Jahren wurden die automatisierten Schmalganggeräte (VNA: Very Narrow Aisle) und Gegengewichtsstapler Flexfork 900, 1600 und 2500 komplett neu konzipiert und auf die FlexTruck Universal Mobilplattform umgestellt. Der neue FlexTruck kann einen Roboterarm, einen Palettenhub bzw. eine Förderstrecke beinhalten und so passgenaue Einheiten aus einer sortenreinen Palette auswählen, um eine stabile gemischte Auftragspalette zu erstellen. Die neue Dematic Baureihe umfasst zudem mehr modulare, austauschbare Komponenten wie beispielsweise Kabelbäume oder Lithium-Ionen- / Wasserstoffbrennzellenoptionen sowie alle neuen reflektorlosen Navigationsmöglichkeiten.

Egemin Automation führte mit dem E’tow® Easy Loop ein neues standardisiertes Unterflurkettenförderer-System ein, das sich aufgrund von vordefinierten Komponenten besonders schnell liefern und installieren lässt. Die Materialfluss-Lösung läuft durch eine automatische Kettenschmierung und Selbstreinigung nahezu wartungsfrei im Dauerbetrieb und ist daher vor allem für Logistikdienstleister interessant.

Softwareentwicklung

Die Software-Kompetenz der KION Group wurde durch den Erwerb der Dematic und der damit einhergehenden Implementierung agiler Strukturen und strategischer Forschungspartnerschaften für die Visualisierung und Simulation von Materialfluss-Konzepten erheblich gestärkt. Mit den Softwareprodukten Dematic iQ und Dematic iQ Analytics bietet Dematic seinen Kunden in der Lager- und Distributionsindustrie zahlreiche Funktionen zur Planung, Optimierung und Ausführung der Aufträge sowie einen umfassenden Einblick in die gesammelten Daten, um ihre Anlagen effizient zu automatisieren, unabhängig davon, ob sie zum ersten Mal einzelne Prozessschritte automatisieren oder ob sie bereits umfassende Erfahrung auf dem Gebiet der Automatisierung besitzen. Dematic iQ Lösungen werden von qualifizierten und fest zugeordneten F&E-Softwareentwicklungsteams entwickelt und gründlich getestet, wobei neue Funktionalitäten / Releases grundsätzlich mehrmals im Jahr auf den Markt kommen. Diese werden anschließend von gleichermaßen erfahrenen Teams von Software-Ingenieuren für die jeweiligen Projekte konfiguriert, angepasst und optimiert. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass jeder Kunde die für ihn maßgeschneiderte Lösung erhält, die speziell auf seine Automatisierungsanforderungen zugeschnitten ist. So ermöglicht das neue Release Dematic iQ 2.3 eine nochmals beschleunigte Kommissionierung und wurde in Versionen für die unterschiedlichen Kundensegmente erfolgreich eingeführt. Das On-Demand-Fulfillment erlaubt so nahezu in Echtzeit eine vorrangige Bearbeitung eiliger Bestellungen in der nächstgelegenen Kommissionierstation.

Antriebstechnologie

Im Mittelpunkt der Entwicklung neuer Antriebstechnologien im Segment Industrial Trucks & Services stehen Lithium-IonenBatterien. STILL und Linde greifen beide auf Technologien zu, die in der CTO-Organisation entwickelt wurden, um einen Standard für verschiedene Elektrostapler und Lagertechnik-Produkte zu etablieren und sich einen wichtigen Wettbewerbsvorteil in diesem Zukunftsmarkt zu verschaffen.

2016 präsentierten Linde und STILL die ersten Gegengewichtsstapler mit Lithium-Ionen-Batterie. Beide Hersteller haben bereits einige Lithium-Ionen-Lagertechnikmodelle und Schlepper im Angebot. Der Verkauf der ersten Linde Stapler mit Lithium-Ionen-Technologie im Traglastbereich von 1,4 bis 1,8 Tonnen startete im November 2016. STILL will bis Ende 2017 90 Prozent aller Fahrzeuge mit Lithium-Ionen-Batterien anbieten. Der Schwerpunkt der Entwicklungsaktivitäten von Baoli lag in der Überarbeitung der Stapler mit Dieselmotoren, die einerseits die neue chinesische Abgasstufe 3 erfüllen müssen und andererseits besonders kostengünstig bleiben sollen. Parallel wird an neuen ElektroGegengewichtsstaplern und Lagertechnikgeräten gearbeitet, um die entsprechenden Produktlinien auszubauen.

Darüber hinaus komplettierte Linde seine EVO-Serie mit neuen Staplern mit Verbrennungsmotor im Traglastbereich von fünf bis acht Tonnen, die eine Kraftstoffersparnis von bis zu 20 Prozent im Vergleich zum Vorgängermodell erzielen und über eine umfangreiche Abgasnachbehandlung verfügen.

Plattform- und Modulstrategie

Für das Volumen- und Economy-Segment etabliert die KION Group markenübergreifend gemeinsame Plattformen für Produktentwicklung und Produktion. Sie ermöglichen eine kosteneffiziente regionale Ausdifferenzierung der Flurförderzeuge. Die Entwicklung für das Volumen- und das Economy-Segment wird verantwortlich aus China gesteuert, wo rund ein Drittel der Personalkapazitäten vorgehalten werden.

Die Premiummarken Linde und STILL verfügen über gemeinsame Plattformen für die Regionen Asien-Pazifik und Americas, während die Produkte für Westeuropa auf unterschiedlichen Plattformen entwickelt werden, um eine stringente Markendifferenzierung zu gewährleisten.

Alle Plattformen sind eingebunden in eine globale Modulstrategie, die durch eine steigende Anzahl von Gleichteilen eine besonders kosteneffiziente Entwicklung bei höherer Qualität erlaubt. So lassen sich auch in Westeuropa trotz unterschiedlicher Plattformen hohe Synergien erzielen. Für regionale Produktmerkmale wird, soweit möglich, auf Zulieferer vor Ort zurückgegriffen.