3.1 Gesamtwirtschaftliche Rahmenbedingungen

Weltkonjunktur erholt sich im Jahr 2011 weiter

Das gesamtwirtschaftliche Umfeld hat sich im Jahr 2011 weiter erholt. Das weltweite Bruttoinlandsprodukt wuchs noch einmal um 2,7%, nachdem es im Vorjahr einen Anstieg von 4,1% verzeichnen konnte. Wesentliche Wachstumstreiber und stabilisierende Faktoren für die Weltkonjunktur waren auch in diesem Jahr die Schwellenländer. Demgegenüber zeigten die Industrieländer nur ein verhaltenes Wachstum. Im Jahresverlauf führten verschiedene Unsicherheiten an den internationalen Märkten insgesamt zu einer Verlangsamung des wirtschaftlichen Aufschwungs. Einerseits ist dies ein normaler zyklischer Effekt nach den starken Zuwächsen im vergangenen Jahr, andererseits trugen auch temporäre Faktoren wie die Staatsschuldenproblematik im Euroraum und den USA, das Erdbeben in Japan und der kräftige Rohstoffpreisanstieg hierzu bei. Mit der nachlassenden wirtschaftlichen Wachstumsdynamik hatten die meisten Industrienationen angesichts der Staatsschulden bereits einen Spar- und Konsolidierungskurs eingeschlagen, wobei die expansiv ausgerichtete Geldpolitik weiter stabilisierend wirkte. Zusätzlich federte im abgelaufenen Jahr eine hohe Investitionsdynamik der Unternehmen den tendenziell schwachen Produktionsanstieg ab.

Der Schwung, mit dem sich die Weltwirtschaft in den vergangenen beiden Jahren aus der Krise gearbeitet hatte, ließ im Verlauf des Jahres 2011 spürbar nach. Zum Jahresende deuteten die Finanzmarktdaten und die Stimmung in der Wirtschaft auf eine deutliche Eintrübung der Konjunktur hin. Die realwirtschaftlichen Daten waren hingegen bis zuletzt überwiegend gut. Die weltwirtschaftliche Lage bleibt nach Einschätzung des Internationalen Währungsfonds auch im Jahr 2012 fragil: zum einen realwirtschaftlich bedingt durch die nachlassende Wachstumsdynamik aller Regionen, zum anderen durch die Unsicherheiten über die Finanzierungslage von öffentlichen Haushalten und Finanzinstitutionen.

Bruttoinlandsprodukt 2011
Reale Veränderung gegenüber Vorjahr

Bruttoinlandsprodukt 2011 – Reale Veränderung gegenüber Vorjahr (Balkendiagramm)

Quelle: Eurostat, Statistische Landesämter, Weltbank (Stand 07.03.2012)

Schuldenkrise im Euroraum hinterlässt Spuren – Deutschland bleibt Konjunkturtreiber

Nach einem dynamischen Start ins Jahr 2011 kühlte sich die europäische Konjunktur im Jahresverlauf merklich ab. Insgesamt wuchs das Bruttoinlandsprodukt in der Europäischen Union um 1,6%, wies jedoch wie im Vorjahr deutliche Unterschiede auf Länderebene auf. Mit einem robusten Wirtschaftswachstum von rund 3,0% für 2011 war Deutschland einmal mehr Konjunkturlokomotive in Europa und übertraf im Jahresverlauf das Vorkrisenniveau. Daneben entwickelten sich Staaten wie Polen und Schweden mit Wachstumsraten um 4,0% recht dynamisch. Im Gegensatz dazu stagnierte die Konjunktur in den beiden großen Volkswirtschaften Spanien und Italien. Das Wachstum in Griechenland und Portugal schwächte sich aufgrund umfangreicher Sparmaßnahmen weiter ab. Die Unsicherheit im Zusammenhang mit den Staatsschulden griff 2011 dann erstmals spürbar auf die sogenannten Kernländer des Euroraums über und zeigte letztlich das Gewicht innereuropäischer Verflechtungen.

Eine Reihe von Verhandlungen, Rettungsaktionen und Sparpaketen konnten weder das Vertrauen bei Investoren wieder herstellen noch das für einzelne Länder dringend benötigte Wachstum stimulieren. Zur Jahresmitte 2011 geriet schließlich auch die italienische Volkswirtschaft im Rahmen der Schuldenproblematik unter Druck. In der Folge kippte die Stimmung in der Industrie und am weltweiten Kapitalmarkt. Die allgemeine konjunkturelle Dynamik wurde aber auch durch Konsolidierungsprogramme sowie durch die in vielen Ländern weiterhin angespannte Lage am Arbeitsmarkt belastet. Entsprechend sanken staatlicher und privater Konsum sowie die Inlandsnachfrage besonders in der zweiten Jahreshälfte spürbar.

Ebenso uneinheitlich wie die Entwicklung des Bruttoinlandsprodukts gestaltete sich die Lage am Arbeitsmarkt. Deutschland verzeichnete mit 5,9% den geringsten Arbeitslosenstand seit Jahren und auch in Belgien und Schweden sank die Arbeitslosenquote stark. In vielen anderen Ländern des Euroraums stieg die Arbeitslosigkeit jedoch: In Irland verdreifachte sie sich im Verlauf der Krise und in Griechenland wuchs sie ebenfalls deutlich auf eine Quote von derzeit 21% an. Besonders prekär war die Situation in Spanien, dort stieg die Arbeitslosenquote im Jahr 2011 auf fast 22%, was ein weiteres Indiz für die strukturellen Probleme des Landes ist.

Gesamtwirtschaftliche Indikatoren

Bruttoinlands-
produkt

Arbeitslosen-
quote

Verbraucher-
preise

Industrielle Produktion

Veränderung %

2011

2010

2011

2010

2011

2010

2011

2010

Quelle: Eurostat, Statistische Landesämter, Weltbank (Stand: 07.03.2012)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Industrieländer

 

 

 

 

 

 

 

 

Deutschland

3,0

3,7

5,9

7,1

2,5

1,2

7,5

10,9

Frankreich

1,6

1,5

9,7

9,8

2,3

1,7

2,4

4,7

Italien

0,5

1,5

8,4

8,4

2,9

1,6

0,0

6,4

Spanien

0,7

-0,1

21,7

20,1

3,1

2,0

-1,5

0,9

Großbritannien

0,9

2,1

8,1

7,8

4,5

3,3

-1,2

1,8

USA

1,7

3,0

8,9

9,6

3,0

1,5

4,2

5,3

Schwellenländer

 

 

 

 

 

 

 

 

Brasilien

2,7

7,5

6,0

6,7

6,5

5,9

0,3

10,5

Russland

4,3

4,0

6,6

7,5

6,1

8,8

4,7

8,2

China

9,2

10,4

4,1

4,1

5,4

3,3

13,9

15,7

Entwicklung in den USA bleibt schwach

Die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in den USA verlief im Jahr 2011 uneinheitlich: Nach schwachem Start fiel das Wachstum im zweiten Halbjahr - auch im Vergleich mit den Industrienationen - stärker aus. Wesentlicher Wachstumstreiber der US-Wirtschaft war vor allem eine starke Binnennachfrage. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in den USA waren jedoch nach wie vor von strukturellen Problemen bei den Staatsschulden, dem Immobilienmarkt und der Arbeitslosigkeit geprägt. Die politische Auseinandersetzung über die Staatsschulden belastete vor allem zu Beginn des Jahres die Lagerinvestitionen. Die Unternehmen hielten sich daher anders als im Vorjahr beim weiteren Aufbau der Lagerbestände zurück. Demgegenüber zeigten sich die Investitionen in Ausrüstungen mit einem Zuwachs von rund 10% weiter positiv. Insgesamt wuchs das Bruttoinlandsprodukt im Vergleich zum Vorjahr um 1,7%.

Schwellenländer geben wichtige Wachstumsimpulse

Die Schwellenländer zeigten auch im Jahr 2011 eine sehr gute Wirtschaftsentwicklung. Dabei wirkte die verstärkte globale Integration stabilisierend auf das weltwirtschaftliche Wachstum. Dieses fiel in den aufstrebenden Volkswirtschaften im Durchschnitt mehr als doppelt so hoch aus wie in den Industrieländern. Die BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China) trugen damit zu mehr als der Hälfte des Wachstums der Weltproduktion bei. Allen voran lieferte die Volksrepublik China mit einem Konjunkturplus von 9,2% wichtige Impulse, wobei Brasilien und Indien ebenfalls an Bedeutung hinzugewannen. Die Wirtschaftsleistung in Russland erhöhte sich gegenüber dem Vorjahr um 4,3%. Diese Entwicklung ist jedoch gemessen an der relativen Stärke des russischen Primärsektors (Energie, Rohstoffe) und in Anbetracht des kräftigen Rohölpreisanstieges schwächer verlaufen als in den Vorkrisenjahren. Die Rahmenbedingungen in den großen Schwellenländern mit einem niedrigen Verschuldungsgrad, geringer Arbeitslosigkeit und teilweise hohen Währungsreserven erwiesen sich als besonders vorteilhaft.

Dennoch konnten sich die Schwellenländer im Jahresverlauf nicht länger dem Einfluss der europäischen Schuldenkrise sowie der konjunkturellen Unsicherheiten in den USA und in Japan entziehen und verzeichneten gleichfalls eine abkühlende Konjunktur. Dabei hatte vor allem die Exportdynamik bei Ausfuhren in die Industrienationen spürbar an Fahrt verloren.

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