Geschäftsverlauf im Konzern

Widerstandsfähiges und flexibles Geschäftsmodell

Die im ersten Quartal einsetzende Corona-Pandemie und die Maßnahmen zu deren Bewältigung haben den Geschäftsverlauf der KION Group im Berichtsjahr 2020 stark beeinflusst. Im Segment Industrial Trucks & Services wurden die Zulieferlogistik und die Produktion im ersten Halbjahr an die durch die Corona-Pandemie veränderten Rahmenbedingungen angepasst. Dies erforderte das zeitweise Aussetzen der Fertigung in einigen wesentlichen Produktionswerken. Diese Phase wurde angesichts der Beeinträchtigung globaler Lieferketten intensiv für Maßnahmen zur Verbesserung der Materialverfügbarkeit genutzt. Die in den Werken aufgebauten Puffer an Teilezulieferungen ermöglichten es, die vorübergehend schwierige Situation auf der Zuliefererseite zu entspannen und die Fertigung in den wesentlichen Produktionswerken schrittweise wieder hochzufahren. Die kurzfristigen Maßnahmen konnten ab dem dritten Quartal weiter zurückgefahren und die Puffer dadurch teilweise zurückgeführt werden. Die im September einsetzende zweite Corona-Welle unter anderem in der EMEA-Region hatte wirtschaftlich keine nennenswerten Auswirkungen, da anders als im Frühjahr von behördlich angeordneten, harten Lockdown-Maßnahmen mit einhergehenden Werks- und Betriebsschließungen abgesehen wurde.

Im Bereich Supply Chain Solutions produzierten die Werke nahezu durchgängig weitgehend störungsfrei und auf hohem Niveau. Das Projektgeschäft wurde lediglich im ersten Halbjahr geringfügig durch regionale Zugangsbeschränkungen für Projektingenieure und daraus resultierende Projektverzögerungen beeinträchtigt. Diese konnten in der zweiten Jahreshälfte nahezu vollständig aufgeholt werden.

Begleitet wurden die Maßnahmen zur Aufrechterhaltung des Geschäftsbetriebs von umgehend gestarteten Initiativen zum Gesundheitsschutz, um das Infektionsrisiko für die Mitarbeiter sowie Kunden und Lieferanten gering zu halten. Infektionsketten konnten im Berichtsjahr an sämtlichen Standorten unterbunden werden.

Auch finanzierungsseitig reagierte die KION Group konsequent auf die besonderen Herausforderungen der Corona-Krise. Zur vorsorglichen Sicherung der Finanzkraft wurde im Mai 2020 mit ihrer Kernbankengruppe unter wesentlicher Beteiligung der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) die Bereitstellung einer syndizierten Liquiditätslinie mit einem Volumen von 1,0 Mrd. € vereinbart. Die Inanspruchnahme dieser zusätzlichen Linie war jedoch aufgrund der Stabilisierung der Geschäftsentwicklung sowie der eingeleiteten Kostensenkungsmaßnahmen nicht erforderlich. Darüber hinaus wurde mit den finanzierenden Banken eine Covenant-Aussetzung unter der bestehenden Kreditlinie sowie der zusätzlichen Liquiditätslinie vereinbart. Die von der Hauptversammlung am 16. Juli 2020 beschlossene deutliche Kürzung der Dividende auf 0,04 € je dividendenberechtigte Aktie trug – zusammen mit der Verschiebung ausgewählter Investitionsprojekte – ebenfalls spürbar zur Liquiditätsschonung bei.

Im zweiten Halbjahr richtete sich der Fokus stärker auf die langfristige Stärkung der Finanzkraft und ein diversifiziertes Portfolio, auch mit Blick auf das angestrebte Wachstum nach der Corona-Pandemie. Um den Finanzierungsspielraum des Konzerns langfristig auch unter Einbezug des Kapitalmarktes zu erweitern, hat die KION GROUP AG ein EMTN-Programm (Euro Medium Term Note) mit einem Gesamtvolumen von 3 Mrd. € etabliert, das am regulierten Markt der Luxemburger Börse notiert ist. Im September 2020 wurde unter diesem Programm die erste Anleihe mit einem Gesamtvolumen von 500,0 Mio. € und einer Laufzeit von fünf Jahren im regulierten Markt der Luxemburger Börse platziert. Des Weiteren wurden Anfang Dezember 2020 rund 13 Mio. neue Aktien aus einer Bezugsrechtskapitalerhöhung gegen Bareinlagen mit einem Bruttoemissionserlös von 813,3 Mio. € platziert. Nach Zufluss der Erlöse aus dem Angebot kündigte die KION GROUP AG unmittelbar die zu Beginn der Krise vereinbarte und nicht gezogene syndizierte Liquiditätslinie und nutzte die freie Liquidität, um ihre Finanzschulden am Jahresende nochmals zu reduzieren. Darunter fielen die vorzeitige Rückzahlung eines im Vorjahr aufgenommenen fest verzinslichen Kredits in Höhe von 200,0 Mio. € sowie eine weitere Teiltilgung des Schuldscheindarlehens mit Fälligkeit 2026 in Höhe von 72,5 Mio. € (nominal), nachdem bereits variabel verzinsliche Tranchen des Schuldscheindarlehens mit Fälligkeit Mai 2022 und einem Nominalwert von 653,5 Mio. € vorzeitig zum 30. Oktober 2020 mit den Erlösen der ersten Anleihe unter dem EMTN-Programm zurückgeführt wurden.

Flankiert wurden die liquiditätsbezogenen Maßnahmen von diversen Kostensenkungsmaßnahmen. Die vorübergehenden Kapazitätsanpassungen und Produktionseinschränkungen wurden durch verschiedene Personalinstrumente, wie den Abbau von Zeitguthaben und Kurzarbeit sowie den Verzicht auf Gehaltserhöhungen, flexibel unterstützt. Zur weiteren Stabilisierung des operativen Geschäfts und zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit wurde im Jahresverlauf 2020 ein Kapazitäts- und Strukturprogramm eingeleitet und zum Teil bereits umgesetzt. Mit dem Programm, das hauptsächlich das Segment Industrial Trucks & Services betrifft, soll in der Region EMEA eine Reduzierung bzw. Optimierung der Organisationsstrukturen und Kapazitäten in Produktion, Vertrieb und Service erzielt werden, um dem erwarteten mittelfristigen Marktumfeld nach der Corona-Pandemie Rechnung zu tragen und dauerhafte Kosteneinsparungen zu realisieren.

Fortgesetzte Investitionen in globales Wachstum

Die KION Group hat im Geschäftsjahr 2020 ihre Investitionen in neue Produktionsstandorte trotz der vorübergehenden Einschränkungen durch die Corona-Pandemie zielstrebig fortgeführt. Mit einem besonderen Fokus auf Osteuropa und China sollen dadurch die Voraussetzungen für die Erweiterung des Geschäftsvolumens in den Wachstumsregionen des Material-Handling-Weltmarkts geschaffen werden. Von der Verschiebung ausgewählter Investitionsprojekte zur Liquiditätsschonung während der Corona-Pandemie war der Auf- und Ausbau neuer Standorte aufgrund der besonderen strategischen Bedeutung nahezu nicht betroffen. Zusätzlich hat die KION Group ihre Technologie- und Marktposition durch gezielte Zukäufe insbesondere in den Bereichen Automatisierung und Digitalisierung ausgebaut.

Das zentrale Projekt zum weiteren Ausbau der Marktposition im langfristig wachstumsstarken chinesischen Material-Handling-Markt ist der im August 2020 gestartete Bau eines neuen Werks zur Fertigung von Gegengewichtsstaplern der Marken Linde und Baoli am ostchinesischen Standort Jinan. Das Investitionsvorhaben, auf das ein geplantes Volumen von rund 100 Mio. € entfallen wird, soll im Jahr 2022 abgeschlossen sein. Bis 2025 sollen am Standort Jinan mehr als 800 neue Arbeitsplätze entstehen. Durch das neue Werk will die KION Group insbesondere von den Wachstumschancen im Value-Segment sowie der zunehmenden Elektrifizierung der Flurförderzeuge in China profitieren. Betreiber des neuen Werks wird die mit Weichai Power Co., Ltd. Anfang 2020 gegründete KION (Jinan) Forklift Co., Ltd. sein, an der die KION Group 95,0 Prozent der Anteile hält.

Am Standort Stříbro (Tschechien) nahm die KION Group im September 2020 ihre dritte Produktionshalle in Betrieb. Für das Segment Supply Chain Solutions werden Förderbänder, Taschensortierer sowie Lager- und Sortiergeräte (Multishuttle-Systeme) für einen reibungslosen Warenfluss in Lagerhäusern und Verteilzentren hergestellt. Durch die Produktionserweiterung kann das Segment noch umfassender von der zunehmenden Nachfrage nach Omnichannel-Lösungen sowie dem starken Wachstum im E-Commerce profitieren. Außerdem steht der Bau eines Werks für Flurförderzeuge am polnischen Standort Kołbaskowo (bei Stettin) mit einer Gesamtinvestition von mehr als 60 Mio. € kurz vor dem Abschluss, dessen Inbetriebnahme im Frühjahr 2021 erfolgen soll. Beide Produktionsanlagen unterstützen die noch bessere Erschließung des Marktpotenzials in der Region EMEA.

Über die Investitionen in neue Standorte hinaus hat sich die KION Group im Berichtsjahr auch durch gezielte Unternehmenserwerbe und strategische Partnerschaften verstärkt. Mit dem Erwerb des spezialisierten britischen Softwareunternehmens Digital Applications International Limited (DAI) im März 2020 wurde das Softwareangebot im Segment Supply Chain Solutions signifikant erweitert. Die Gesamtausgaben belaufen sich auf rund 120 Mio. €, wovon 98,0 Mio. € (bzw. 89,3 Mio. € nach Abzug erworbener flüssiger Mittel) bereits im Berichtsjahr im Free Cashflow zahlungswirksam wurden. Mit der Integration der von DAI in den Bereichen Logistikautomatisierung und Supply Chain Engineering gebotenen Lösungen gewinnt Dematic entsprechende Kapazitäten, um den Transport, die Lagerung und die Verteilung von Waren über die gesamte Lieferkette noch besser zu unterstützen.

Die in der zweiten Jahreshälfte eingegangene und mit dem Erwerb einer Minderheitsbeteiligung begleitete strategische Partnerschaft mit Shanghai Quicktron Intelligent Technology Co. Ltd. (Quicktron), einem chinesischen Hersteller von autonomen mobilen Robotern (AMR) mit Sitz in Schanghai, dient der Erweiterung des Produktportfolios der KION Group. Die Kooperation ermöglicht unmittelbar den weltweiten Vertrieb der mobilen automatisierten Lagerlösungen von Quicktron durch die globalen Sales- und Servicenetzwerke der KION Marken Linde, STILL und Dematic.

Die KION Battery Systems GmbH (KBS), ein Joint Venture der KION GROUP AG und der BMZ Holding GmbH, hat im November 2020 die Herstellung von Lithium-Ionen-Batterien für Flurförderzeuge in einer neu errichteten Produktionsstätte in Karlstein am Main aufgenommen. Dadurch werden die Marken der KION Group in die Lage versetzt, die stark wachsende Nachfrage für schwere und leistungsstarke elektrische Gabelstapler insbesondere in der Region EMEA bestmöglich zu bedienen.